09.12.2005
King Kong und Berlusconi im Rampenlicht
Der Mensch stammt vom Affen ab – und die Satire manchmal vom Spaß an der Verwechslung: Bei der gestrigen Europapremiere von „King Kong“ in Berlin trat ein täuschend echtes Double von Silvio Berlusconi auf – und trommelte für einen Berlusconi-kritischen Film.
Wer war das imposanteste Alpha-Tier dieses Kinoabends? King Kong, der Held von Peter Jacksons dreistündigem Superblockbuster, der gestern in Berlin Europapremiere feierte? Oder Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi, der eben zu dieser Premiere erschien, inklusive Bodyguards und bester Laune. In Affenmanier auf seine Brust trommelnd flanierte der italienische Politiker und Medienunternehmer über den roten Teppich, feuerte die Fotografen an und grölte „Ich liebe King Kong!“
Was stimmte nicht ganz an diesem Bild? Ein zweiter Berlusconi saß zur selben Zeit im Palazzo Chigi in Rom und absolvierte ein Meeting. Dies erfuhren die verunsicherten Veranstalter am Telefon von einer Regierungssprecherin aus Rom.
Tatsächlich war der Berliner Berlusconi ein Doppelgänger des mächtigen Italieners – von der deutschen Filmproduktionsfirma Jetfilm entsendet, um für eine Kinosatire Werbung zu machen. Titel der für 2006 geplanten Produktion: „Bye Bye Berlusconi“. Unterstützt wurde die Aktion von Deutschlands erster Spaßpostille, „Titanic“, deren Chefredakteur Martin Sonneborn heute erklärte, man habe den Darsteller einem „Realitätstest“ aussetzen wollen. „Er hat die Prüfung bestanden.“
Sehr real muss auch der Schrecken gewesen sein, den die Berliner Polizei, das Auswärtige Amt und die Italienkorrespondenten der Hauptstadt befiel. Auch in bella italia wurde man unruhig, zumal gestern Abend die Saisoneröffnung der Mailänder Scala über die Bühne ging.
Gegen das berühmte Opernhaus, so ein immer wieder erhobener Vorwurf, soll Berlusconi ein Komplott schmieden, weil er es für überbesetzt halte. Der Berlin-Auftritt des Regierungschefs wäre so gesehen ein affiges Bekenntnis zum Popcorn-Spaß gewesen und ein Affront gegen die Hochkultur seines Landes.
Doch Italien hat Glück gehabt: Der sich in Berlin zum Affen machte, war lediglich ein Darsteller – kein hohes Tier.
via Spiegel-Online
Gruß
Thorsten Schulte